Kurzgeschichte #005 | Auf der Flucht

AUF DER FLUCHT

Mein Name ist Jonathan Heide, und ich schreibe diese Worte, während ich mich auf der Flucht befinde. Auf der Flucht vor mir selbst, und vor dem, was ich in meiner unendlichen Naivität selbst geschaffen habe. Etwas in mir schreit, dass es nicht meine Schuld war. Doch ich kann die Blicke spüren, ich höre das Gemurmel hinter vorgehaltener Hand. Es ist real. Sie zeigen mit den Fingern auf mich. Habe ich ein Monster geschaffen, oder bin ich selbst zu dem Monster geworden, dass alle in mir sehen?

Ich hätte die Recherche niemals begehen sollen, diesen verwunschenen alten Ort ignorieren sollen, so wie man es mir geraten hatte. Doch das Wissen daraus wollte gefunden werden, es wollte eingewoben werden, in die Geschichten der Zukunft. Und das ist es, was ich tat. Ich gab ihm neues Leben. Ist das nicht meine Aufgabe als Autor? Ich hatte doch gar keine andere Wahl.

Aus der Stadt wegzuziehen war schließlich die einzige Option, dies alles hinter mir zu lassen. So bin ich auf die Annonce des Hauses gestoßen, draußen auf dem Land. Alt, modrig, aber mit einem gewissen Charme. Der gigantische Rosenbogen vor dem Anwesen lud mich auf den ersten Blick zum Verweilen ein. Niemals werde ich den Moment vergessen, als diese von rostigem Eisen getragene Schönheit, mich hereinbat, mich glauben machte, dass hier alles anderes werden könnte. Dieser Ort wirkte, als könnte er mich Vergangenes vergessen lassen, mir Inspiration schenken, und mich in das Leben zurücktragen, welches ich eins führte.

Doch je länger ich hier bin, desto lauter wird das Wispern in meinem Kopf. Das Monster in meinen Zeilen möchte erneut heraus, es möchte eine Aufgabe. Das Grauen, dass es zuletzt hinterließ, steckt mir noch tief in den Knochen. Auch in diesem Anwesen kann ich nicht entkommen, das wird mir jetzt bewusst. So stark der Drang auch ist, erneut wegzulaufen, ich verstehe jetzt, dass ich nicht der Regisseur dieser Geschichte bin. Ich bin eine Spielfigur, ebenso wie meine Frau und mein bester Freund es waren.

Erneut fühle ich mich schuldig. Die letzten Bilder von den beiden brennen noch immer in meiner Seele wie glühender Stahl. Die makabren Positionen, die Wunden, es war so akkurat getroffen. Die Zeilen meines Romans waren fiktiv gedacht, ich ahnte nichts von deren Folgen. Doch alles grämen hilft jetzt nichts mehr. Ich muss dem Monster eine neue Aufgabe geben, bevor es sich eine eigene sucht. Neue Zeilen schreiben. Es verlangt danach.

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